Trade Republic startet Private-Equity-Offensive – was Anleger über Gebühren, Risiken und Renditen wissen müssen

Ab 1 € ins Milliarden-Business: Trade Republic sprengt die Private-Equity-Bastion.

Trade Republic startet Private-Equity-Offensive – was Anleger über Gebühren, Risiken und Renditen wissen müssen
Private Equity für Kleinanleger – klingt nach Revolution. Trade Republic macht’s möglich: Ab 1 € in Fonds von EQT und Apollo investieren. Doch hinter den Rendite-Versprechen lauern hohe Gebühren, Liquiditätsfallen und Klumpenrisiken. Lohnt sich der Einstieg – oder zahlen am Ende nur die Fondsmanager?

Private Equity für alle – ein Tabubruch im Finanzsystem

Private Equity galt jahrzehntelang als letzte Festung der Finanzelite. Nur Pensionsfonds, Milliardäre oder Family Offices hatten die Schlüssel dazu, während Kleinanleger draußen blieben. Mindestinvestments von 100.000 Euro und lange Kapitalbindungen machten diesen Markt für Normalverdiener unzugänglich. Genau hier setzt nun Trade Republic an und bricht bewusst ein Tabu.

Der Berliner Neobroker, der bislang vor allem durch günstige ETF-Sparpläne, einfache Aktienkäufe und Krypto-Investments bekannt war, wagt einen radikalen Schritt: Er bringt Private-Equity-Investments auf das Smartphone und zwar ab einem einzigen Euro. Möglich wird das durch eine Kooperation mit zwei echten Schwergewichten der Branche: EQT aus Schweden und Apollo Global Management aus den USA. Beide verwalten zusammen Hunderte Milliarden Dollar und gehören zur absoluten Spitzenliga der Finanzwelt.

Für mich klingt das wie eine kleine Revolution. Zum ersten Mal können auch junge Menschen mit einem simplen Klick in Unternehmen investieren, die sonst nur im Hintergrund der Märkte wirken – Hidden Champions, Infrastrukturprojekte oder exklusive Beteiligungen. Doch so verlockend die Demokratisierung klingt: Hinter der glänzenden Marketing-Fassade lauern meiner Meinung nach auch erhebliche Risiken. Private Equity kann lukrativ sein, ist aber komplex, teuer und alles andere als risikolos!


Der Steve-Jobs-Moment von Trade Republic

„From Chart to Pie“ – mit diesem rätselhaften Motto heizte Trade Republic seine Community tagelang an. Auf Reddit machten sich Nutzer bereits lustig:

„Würde gern überhaupt mal wieder meinen Chart sehen“, spottete ein Anleger.

Doch was dann am Sonntagabend folgte, war der wohl größte Show-Moment in der bisherigen Firmengeschichte.

Gründer Christian Hecker trat auf wie ein Tech-Guru. Schwarzer Pullover, schwarze Hose, minimalistisches Bühnenbild – fast eine Hommage an Steve Jobs. Live auf Instagram und YouTube präsentierte er die erste Keynote der Unternehmensgeschichte. Die Botschaft: Trade Republic will nicht länger nur der „Billig-Broker für Millennials“ sein. Mit inzwischen über zehn Millionen Kunden in Europa und einem verwalteten Vermögen von 150 Milliarden Euro ist die Zeit reif für die nächste Stufe.

Hecker sprach von einer Plattform, die mehr ist als Charts und Sparpläne. Eine Plattform, die das Finanzsystem neu denkt und Produkte zugänglich macht, die bisher nur den Superreichen vorbehalten waren. Die Botschaft war klar: Trade Republic will nicht mehr nur ein Broker sein – sondern eine digitale Vermögensverwaltungsplattform für die Massen.


Private Equity für alle – Chancen und Fallstricke

Seit 2024 erlaubt die ELTIF-Verordnung (European Long-Term Investment Funds) auch Kleinanlegern den Einstieg in Private-Equity-Fonds. Ein Markt, der jahrzehntelang nur für Millionäre oder institutionelle Investoren offenstand, wird damit plötzlich massentauglich.

Trade Republic nutzt diese neue Tür und verkauft es als kleine (eigene) Revolution. Auf der Werbefolie lockt eine „Marktrendite von 12 Prozent“ – was natürlich sofort Fantasie weckt. Doch bei genauerer Betrachtung werde ich stutzig:

  • Gebührenfalle: Die Fonds von EQT und Apollo schlagen mit Verwaltungsgebühren von 2,8 und 2,35 Prozent pro Jahr zu Buche. Zum Vergleich: Ein ETF auf den MSCI World kostet meist unter 0,3 Prozent. Performance-Gebühren? Dazu schweigt Trade Republic bislang. Obwohl das für uns Anleger ein unkalkulierbarer Faktor ist.
  • Liquiditätsillusion: Zwar können Anteile theoretisch monatlich über einen internen Handelsplatz verkauft werden. Doch was passiert, wenn die Märkte einbrechen? Käufer könnten schlicht fehlen – und das vermeintlich flexible Investment wird zur Einbahnstraße.
  • Klumpenrisiko: Während institutionelle Investoren über Dutzende Fonds hinweg streuen, setzen Kleinanleger bei Trade Republic oft nur wenige Euro in ein oder zwei Vehikel. Das bedeutet: Wer Pech hat, hängt am Tropf eines einzigen Fonds, mit allen Risiken.

Kurz gesagt: Private Equity für die Masse klingt verführerisch, ist aber weit entfernt von einem Sparplan auf den MSCI World. Es wird vielmehr zum Drahtseilakt zwischen Renditehoffnung und Gebührenfalle.


Strategische Weichenstellung – vom Broker zur Vermögensplattform

Hinter dem Private-Equity-Experiment steckt mehr als ein neues Produkt. Trade Republic schärft damit sein Geschäftsmodell und setzt einen klaren Kurswechsel. Der Neobroker will weg von der reinen „Trading-App für Kleinanleger“ und hin zur umfassenden Vermögensplattform.

Die Logik dahinter ist simpel: Mit ETF-Sparplänen lassen sich kaum Margen verdienen. Mit Private Equity, Fonds und bald womöglich auch Immobilienprodukten dagegen schon. Jedes neue Investmentprodukt bindet Kunden enger an die Plattform, verlängert die Haltedauer und macht Trade Republic unabhängiger von schwankenden Handelsvolumina.

Parallel drückt das Berliner Fintech aufs Expansionsgas. Nach dem Markteintritt in Polen will man „alle weißen Flecken auf der Landkarte schließen“, wie Mitgründer Hecker betont. Inzwischen verwaltet das Unternehmen bereits 150 Milliarden Euro Kundengelder – Tendenz steigend.

Mit mehr Märkten, neuen Produkten und einer klaren Markeninszenierung positioniert sich Trade Republic Schritt für Schritt als europäische Antwort auf Vanguard oder BlackRock – nur eben im Smartphone-Format.


Revolution oder Marketinggag?

„Private Equity für alle“ – das klingt nach einem historischen Wendepunkt. Jahrzehntelang war diese Anlageklasse das Spielzeug von Milliardären, Banken und Pensionsfonds. Jetzt sollen plötzlich auch Kleinanleger ab einem Euro mitmischen können. Die Erzählung hat zweifellos Wucht. Doch bei näherem Hinsehen bleibt die Frage: Ist das am Ende nur eine clevere Marketingstrategie?

Denn die Schattenseiten sind schwer zu übersehen. Intransparente Gebührenmodelle, bei denen oft mehr für Fondsmanager als für Anleger übrig bleibt. Illiquide Märkte, in denen Anteile zwar theoretisch monatlich handelbar sind, praktisch aber in der Krise niemand kaufen will. Und schließlich Renditeversprechen, die mit zweistelligen Prozentzahlen locken, aber in der Realität selten so glänzen wie auf dem Werbeprospekt.

Die eigentliche Herausforderung liegt darin, dass Kleinanleger nicht die gleichen Spielräume haben wie Pensionsfonds mit Milliardenbudgets. Sie können nicht breit genug streuen, nicht lange genug ausharren und müssen am Ende doch flexibler auf ihr Geld zugreifen können. Damit entsteht ein Ungleichgewicht was für Privatanleger schnell zum riskanten Blindflug werden kann.

So verlockend der Gedanke auch klingt, mit wenigen Euros in die Welt der großen Deals einzutreten – Private Equity ist kein Ersatz für ein solides Fundament. Wer darüber nachdenkt, sollte zuerst ein breit gestreutes Depot mit ETFs und Aktien aufbauen, das Sicherheit und Liquidität bietet.