Commerzbank kurz vor dem K.O.? – UniCredit drückt, Morgan Stanley kassiert, der Bund verliert

Manchmal spürt man, wie sich Machtkämpfe in Echtzeit verdichten: Mitten im Übernahmedrama zwischen UniCredit und der Commerzbank hat Morgan Stanley seinen Anteil am Frankfurter Geldhaus auf über fünf Prozent hochgeschraubt – fast eine Verdopplung. Ein Signal, das aufhorchen lässt.

Commerzbank kurz vor dem K.O.? – UniCredit drückt, Morgan Stanley kassiert, der Bund verliert
Die Commerzbank wirkt im Übernahmedrama wie ein Spieler, der die Kontrolle über sein eigenes Brett verliert – Frankfurt kämpft um Eigenständigkeit, während andere längst die Züge bestimmen.

Ein Haus im Sturm

Während UniCredit-Chef Andrea Orcel unbeirrt Kurs auf eine Übernahme hält – inzwischen mit 26 Prozent größter Aktionär – kämpft Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp um die Eigenständigkeit.

Der Bund, noch mit zwölf Prozent an Bord, spielt Abwehr, ohne wirklich durchschlagskräftig zu wirken. Dass die EZB und das Bundeskartellamt Orcel längst freie Bahn signalisiert haben, verschiebt die Gewichte weiter.

Morgan Stanley zieht nach

Mit 5,19 Prozent ist Morgan Stanley jetzt ein Aktionär, der Einfluss nehmen kann – ob als stiller Profiteur einer künftigen Fusion oder als Gegengewicht zu Orcels Plänen. Im Hintergrund dürften die Amerikaner vor allem eines wittern: die Chance, an einem der spannendsten Bankendeals Europas kräftig zu verdienen.

Orcels Versprechen

Orcel verspricht, das Filialnetz nicht anzutasten, Arbeitsplätze zu sichern und Frankfurt nicht zu entmachten. Worte, die beruhigen sollen – und doch bleiben Zweifel.

Die Erfahrung zeigt: Bei großen Fusionen kommen Kostensynergien fast immer durch Stellenabbau, nicht durch neue Investitionen.

Filialen, Jobs, Hauptsitz: Orcel verspricht Stabilität, doch Erfahrungen aus Bankfusionen sprechen für Einschnitte.

Mögliche Vorteile einer Übernahme

So umstritten die Pläne sind – eine Übernahme durch UniCredit hätte auch Vorteile:

  • Größere Schlagkraft in Europa: Ein fusioniertes Institut würde zu den Schwergewichten im europäischen Bankenmarkt zählen und hätte eine starke Position gegen US-Großbanken.
  • Skaleneffekte: Gemeinsame IT, gebündelte Verwaltung und einheitliche Prozesse könnten Milliardenkosten sparen.
  • Kreditausweitung: Zusammen mit der HypoVereinsbank könnte die Commerzbank deutschen Mittelständlern und Großkunden ein noch breiteres Kredit- und Beratungsangebot machen.
  • Stabilität: Eine europäische Großbank mit deutscher Basis könnte das fragile Gefüge im hiesigen Bankenmarkt stabilisieren – gerade, weil die Commerzbank allein seit Jahren unter Druck steht.

Mögliche Nachteile einer Übernahme

  • Arbeitsplätze in Gefahr: Trotz Orcels Beteuerungen, das Filialnetz zu erhalten, dürfte ein großer Teil der Zentralfunktionen gestrichen werden. Doppelstrukturen in IT, Verwaltung und Management machen Jobabbau fast unvermeidlich.
  • Filialnetz auf dem Prüfstand: In Deutschland sind die Filialen schon stark ausgedünnt. Viele Experten bezweifeln, dass UniCredit langfristig wirklich in ein teures Netz investiert, statt es weiter zu straffen.
  • Verlust an Eigenständigkeit: Mit UniCredit an der Spitze würde die Commerzbank faktisch ihre Unabhängigkeit verlieren – wichtige Entscheidungen lägen künftig in Mailand, nicht mehr in Frankfurt.
  • Politische Konflikte: Ein Kontrollwechsel zu einem italienischen Institut könnte die Bundesregierung in die Defensive drängen. Gerade die Rolle des Bundes als noch signifikanter Aktionär würde geschwächt.
  • Integrationsrisiken: Große Bankenfusionen sind komplex. Unterschiedliche Unternehmenskulturen, Systeme und Märkte bergen die Gefahr, dass Synergien später nicht so stark ausfallen wie geplant.

Persönliche Anmerkung

Für mich wirkt das Ganze wie ein Schachspiel, bei dem die Commerzbank die Rolle des Königs hat – schwerfällig, aber entscheidend. UniCredit und Morgan Stanley bewegen die Figuren, der Bund schaut von der Seite zu.

Die spannende Frage ist, ob Frankfurt am Ende zum Symbol einer europäischen Großbank wird – oder ob die Commerzbank einmal mehr nur zum Übernahmekandidaten degradiert bleibt.